geklaut aber treffend

Da mich das Thema „Weihnachten alleine“ sehr beschäftigt möchte ich Euch hier einen – meiner Meinung nach sehr treffenden und schönen – Artikel von Autor Kai Franke wiedergeben, der in der aktuellen „Freundin“ veröffentlich wurde.

Die zu stille Nacht

Es gibt eine Menge Dinge, die man als Single ohne Fremde Hilfe bestens hinbekommt. Ein Billy-Regal aufbauen, beispielsweise. Oder einen dreiwöchigen Traumurlaub in Goa verbringen. Und wenn man keine allzu großen Ansprüche an Romantik stellt, kann man sich mit gut gewählten One-Night-Stands sogar ein schwungvolles Sexleben organisieren.

Aber zum Jahresende, wenn die Welt stiller wird und sich für ein paar Tage, zumindest aber für ein paar Stunden, ein unerklärlicher Zauber über jede Stadt legt, dann steht der Single vor der einen Hürde des Jahres, die zu nehmen ihm nicht leicht fällt: Weihnachten, das Fest der Liebe, der Familie und der Nähe. Es ist die Zeit im Jahr, in der alles, was in den letzten zwölf Monaten nicht funktioniert hat, vergessen scheint. Die Zeit, in der die Sorgen des Alltags in Stapeln von Lebkuchen und Bergen von Geschenkpapier verschwinden. Und es ist die Zeit, in der die ganze Welt nur aus kerzenerleuchteten Zimmern besteht, in denen sich Menschen, die zusammengehören, eine frohe Weihnacht wünschen. So oder so ähnlich kennen wir es seit Jahrzehnten. Wir kennen es aus dem Fernsehen, von Freunden und, wenn wir Glück hatten, sogar von den eigenen Eltern. Nur was treiben wir Singles an deisem biblischen Jubeltag? Wie feiert man das Fest der Liebe, wenn einen gerade keiner liebt?

Natürlich kann man es genauso verbringen, sie man es schon mit sechs getan hat und erwartungsvoll vor der elterlichen Wohnzimmertür warten, bis Mutti mit dem Bescherungsglöckchen klingelt. Das setzt natürlich voraus, dass man noch Eltern hat. Aber selbst dann klingt diese Konstruktion in der Theorie weit festlicher, als sie sich in der Praxis anfühlt. Zum einen ist es Geschmackssache, sich aus purer Einsamkeit wieder ins Grundschulalter zu katapultieren, zum andern ein Trugschluss zu glauben, es sei das größte Glück aller ehemaligen Erziehungsberechtigten, ein 40-jähriges Kind dabei zu beobachten, wie es unter der Tanne sitzt und freudestrahlend ein Anti-Cellulite-Peeling auspackt. Bliebe als Plan B das immer gern inszenierte „Weihnachten mit Freunden“. Eine tolle Idee. Zumindest für jene, die es noch nicht versucht haben. Jeder von uns kennt das „Last Christmas“-Video, in dem George Michael mit seinen Freunden durch den Schnee in eine Waldhütte stapft, um dann unter großem Jubel den Baum zu schmücken. Kaum einer von uns hat nicht in den Achtzigern mit glasigen Augen vor dem Fernseher gesessen und sich genau so ein Weihnachtsfest mit seinen Freunden vorgestellt. Man vergisst jedoch, dass ein findiger Regisseur seinerzeit die Szenen rausgeschnitten hat, in denen der eine Teil der lustigen Truppe den ganzen Abend depressive SMS an seine letzte große Liebe tippt, während sich der Rest mit Glühwein darüber hinwegsäuft, dass es lieber ganz woanders wäre.

Natürlich kann man seine Freunde auch so gern haben, dass ein gemeinsamer Weihnachtsabend durchaus rund läuft, aber ich warne vor zu großen Hoffnungen. Es ist eine Sache, sich bei Liebeskummer von seinen Seelenverwandten unter die Arme greifen zu lassen, und eine andere, die gemeinsame Verlassenheit zu zelebrieren, während aus den Boxen „Stille Nacht“ dröhnt. Die emotionalen Erwartungen an das Fest sind hoch. Kaum eine Freundschaft vermag es, uns vergessen zu lassen, dass man gerade heute Abend gern mit dem Menschen zusammen wäre, den man von Herzen liebt.

Dass uns Singles dieses Glück nicht vergönnt ist, scheint doppelt ungerecht. Die empörende Wahrheit heißt sogar: Singles sind an Weihnachten nicht vorgesehen. Blicken wir gut 2000 Jahre zurück, stellen wir fest, dass noch nicht mal in Bethlehem ein Single anzuteffen war. Maria hatte Josef, die Heiligen Drei Könige sind unzertrennlich, und selbst das Viehzeug vor em Stall lag paarweise herum. So geht das bis heute: ein Ding der Unmöglichkeit, einen 2 Meter großen Baum alleine in die Wohnung zu schaffen und aufzustellen, ohne sich fürs Leben zu zeichen. Und dann die Sache mit den Klößen! Sechs in einer Packung. Ich unterstütze gerne den deutschen Einzelhandel, indem ich mich tagein, tagaus durch Familienpackungen futtere, aber kann ich nicht einmal im Jahr etwas speziell für meine Bedürfnisse bekommen? Gibt es sie, die extra gezüchtete Mini-Gans für exakt eine Portion? Nein, es gibt sie nicht. So wenig wie eine brauchbare Alternative für ein einsames Weihnachten.

Aber es gibt etwas anderes. Das, was Weihnachten, neben Geschenken, seit Jahrtausenden ausmacht, egal an wen oder was man glaubt. Es ist die Hoffnung auf ein besseres neues Jahr, die Weihnachten diese mystische Kraft verleiht. Die Hoffnung darauf, im nächsten Jahr zu zweit die silberne Spitze auf die Tanne zu stecken und sich zu küssen, während überall draußen die Glocken läuten. Und für wen ist dieses Fest gemacht, wenn nicht für uns, die wir aus tiefster Seele hoffen? Feiert dieses Fest, liebe Single-Freundinnen! Geniesst die Kerzen und Düfte, beschenkt Euch selbst mit Liebe und Zuversicht. Kocht, backt und friert ein, was übrig beleibt, und glaubt fest daran, dass ihr im nächsten Jahr zu zweit, vielleicht sogar schon zu dritt seid. Vielleicht braucht es dazu ein Wunder, aber wann wäre ein besserer Zeitpunkt, und an dieses Wunder zu glauben, als bei diesem Fest, an dem die ganze Welt für einen Augenblick ruht und sich Frieden für alle wünscht? Euer Leben ist das größte Geschenk, ihr müsst es nur auspacken und richtig zusammenbauen. Mit wunderbaren romatischen Geschichten füllt es sich dann von ganz allein – so ähnlich wie ein Billi-Regal. Frohe Weihnachten!

Hm…  cooler Artikel…  und sehr sehr treffend!!!

Ein Gedanke zu „geklaut aber treffend

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