verhuschtes Mäuschen #3 – The End

Am Mittwoch war einer dieser Tage, die man entweder gleich morgens aus dem Kalender streichen sollte oder zumindest auf eine Woche verteilen sollte. Sozusagen die homöopathische Dosierung.

Dass an fast jedem 23.12. Leute anrufen, deren Heizung schon seit dem 20. (mindestens) nicht geht, noch eben gegen 13 Uhr anrufen, damit die Handwerker bitte selbstverständlich noch vor Weihnachten kommen, ist nichts ungewöhnliches. Und diese Sorte Pflegefälle war heute auch dabei, aber eigentlich nahm das Verhängnis bereits vor 8 Uhr seinen Lauf.

Ein Mieter rief an und teilte mit, dass in seiner Wohnung aus der Decke tropft. Nachdem mein Kollege dort war stellte sich heraus, dass in den darüberliegenden Wohnungen die Heizungen nicht in Betrieb genommen worden waren und alles komplett kaputtgefroren war. Die Kontrolle anderern Objekte ergab, dass in einem anderen Haus ähnliches passiert war.

Fatal daran war, dass das verhuschte Mäuschen bereits vor drei oder vier Wochen eine Liste der Wohnungen bekommen hatte in denen die Heizungen in Betrieb genommen werden sollten. Diese Liste aber offenbar einfach beiseite gelegt hatte und sich nicht weiter gekümmert hatte. Das wollte sie diese Woche machen….  Dumm nur, dass der große Frost schon vor über einer Woche anfing.

Jedenfalls gab es jede Menge Aufregung und Theater. Wohnungen und Heizungen mussten kontrolliert werden, diverse andere Notfälle gab es auch noch… wie immer vor den Feiertagen und mein Kollege und ich waren die meiste Zeit irgendwo unterwegs und flitzten von Pontius zu Pilatus. Irgendwann im Laufe des Nachmittags tauchte der Seniorchef auf und schnappte sich zusammen mit dem Juniorchef erst das verhuschte Mäuschen zum Sechs-Augen-Gespräch und danach die andere Azubine.

Nachdem Mäuschen sich etwas beruhigt hatte stellte sich dann heraus, dass ihr Ausbildungsvertrag zum Ende Januar aufgehoben wird und sie mit sofortiger Wirkung freigestellt ist.

Für sie brach eine Welt zusammen.

Ich hab sie dann gedrückt und geknuddelt, ihr versprochen, dass die Welt sich weiterdrehen wird und ihr Tipps gegeben was sie versuchen soll um einen Weg für sich zu finden.

Ihr zu erzählen, wieviele derartige Katastrophen ich schon erlebt habe, hab ich mir geschenkt…. das hätte sie nur weiter verunsichert.

Wir haben dann noch zusammen ihren Schreibtisch aufgeräumt und ich denke wir werden sie nie wiedersehen.

Inzwischen habe ich noch ein bisschen recherchiert und bin zu der Erkenntnis gelangt, dass es vermutlich ADHS sein könnte. Die Anzeichen würden passen, Unkonzentriertheit, nicht beurteilen zu können, was wichtig ist und was nicht…

Was es auch ist. Es ist ein zu gravierendes Problem, als das wir als einfacher Ausbildungsbetrieb es lösen könnten. Und da die Hälfte der Lehrzeit rum ist, wäre es auch nicht mehr zu schaffen, den alten Stoff nachzuarbeiten und das was noch dazu kommt gleichzeitig aufzunehmen. Dafür ist der Themenbereich zu komplex.

Auch der Klassenlehrer, der sich noch telefonisch bei meinem Chef gemeldet hatte, sagt ganz klar, dass sie die Ausbildung so auf keinen Fall mehr schaffen kann.

Und so wie die Dinge liegen, sollte sie die Zeit jetzt besser nutzen um etwas für sich zu tun als noch eineinhalb Jahre Zeit zu investieren, die letztlich verloren sein würden.

Sehr putzig fand ich einen Kommentar, wir sollten ihr die Ablage auf spielerische Art näher bringen.

Es ist sicher richtig, es anfangs ohne Druck zu versuchen, aber irgendwann reichen dafür Energie und Humor nicht mehr aus. Zumal wir in einem Arbeitsbereit tätig sind, in dem es um rechtliche Interessen geht, die für diejenigen, die wir vertreten im Zweifelsfall eine Menge Geld bedeuten. Und dann kann es nicht sein, das die Kopie einer fristlosen Kündigung beispielsweise unauffindbar ist, weil die Azubine das Prinzip der Ablage auch nach eineinhalb Jahren nicht verstanden hat.

Es tut mir leid, dass die Kündigung so plötzlich kam und dann auch noch direkt einen Tag vor Weihnachten, aber ich denke der Schritt wäre so oder so gekommen, nur eben ein paar Wochen später.

2 Gedanken zu „verhuschtes Mäuschen #3 – The End

  1. Anhand Deiner Ausführungen eine nachvollziehbare Entscheidung. Die Entscheidung hätte man ihr auch gut nach Weihnachten aussprechen können, doch es mag Gründe gegeben haben.

  2. @ ruediger

    Eigentlich war das auch der ursprüngliche Plan. Aber dem Seniorchef ist wohl der Kragen geplatzt nach der Aktion…. kann ich auch ein Stück weit verstehen. Aber doof war es schon.

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